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Interview des "Reutlinger Wochenblatts" mit Helmut Dast über sein Buch "Das unnötige Versagen in Englisch" vom 29.06.2000. Das Gespräch führte Frau Burghagen.


Legasthenie in Englisch – gibt es das?


Reutlinger Wochenblatt:
Ihr Buch wurde inzwischen in 36 deutschen Presseorganen besprochen. Ist das nicht eher ungewöhnlich für ein Fachbuch?

Helmut Dast:
Ich bin über die Aufgeschlossenheit auch sehr froh. Das Thema liegt einfach in der Luft und man weiß heute, dass schon durch relativ geringe Veränderungen in der pädagogischen Methodik, sowohl in der Schule, als auch im außerschulischen Unterricht, auch bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen, beachtlich bessere Lernergebnisse erzielt werden können.

Reutlinger Wochenblatt:
Interessant. Sonst hört man nur, wir müssen mehr Geld für die Bildung aufwenden.

Dast:
Das ist sogar dringend nötig. Aber genauso nötig ist das Überdenken eingefahrener pädagogischer Abläufe. Bei den Recherchen zu meinem Buch stieß ich auf eine Methode aus Utrecht, die hier zu Lande völlig unbekannt geblieben ist: Man könnte im Fremdsprachenunterricht das Lesen in Form des Mitlesens einführen, das Schreiben aber noch aufschieben. Normalerweise wird beim Lernen neuer Sprachen sowohl das Lesen als auch gleich das Schreiben gefordert. Dort hat man dagegen gute Erfahrungen mit einer Arbeitsweise, bei der die Schüler anfangs das Schriftbild nur verfolgen zum mündlichen Vortrag des Lehrers.
Das heißt, nicht einmal das selbstständige Lesen wird am Anfang verlangt. Das Gesagte gilt – wohlgemerkt – nicht speziell nur für den Frühbeginn mit Fremdsprachen und Diktate in späteren Schuljahren sind dort erst recht verpönt.

Reutlinger Wochenblatt:
Dann dürften Ihnen die geplanten methodischen Erleichterungen für Grundschulenglisch ab Klasse 1 in Baden-Württemberg (bzw. Grundschulfranzösisch entlang der Rheinschiene) eigentlich gefallen.

Dast:
Wenn mit stark musikalisch-rhythmischen Elementen gearbeitet werden soll, also mit englischen Kinderliedern, Kinderreimen, Stabpuppenspielen usw., so ist das keine Erleichterung, es geht schlichtweg nicht anders, wenn gleichzeitig ja in Deutsch Lesen und Schreiben gelernt werden soll.
Das Problem ab Klasse 3 ist damit noch nicht vom Tisch, schließlich soll ab Klasse 3 in gewissem Umfang geschrieben werden und es soll Noten geben. Was hindert einen Legastheniker daran, der wochenlang die schönen Bilder von Bäumen, Häusern, Tieren und Menschen im Klassenzimmer hat hängen sehen, samt den Wortkarten "Haus" (dt.) und "house" (engl.); was hindert ihn zu "wissen", dass das "ou" ins deutsche Haus rein muss und das "au" ins englische ... Was hindert ihn daran zu "wissen", dass Baum auf englisch "tree" heißt und in seinem Denksystem "trie" geschrieben wird, schließlich wird so gesprochen.

Reutlinger Wochenblatt:
Sie sehen uns perplex.

Dast:
Die Legastheniker werden es auch sein und viele der vielleicht nur leicht rechtschreibschwachen Schüler gleich mit. Unsere Position ist die: Erst wenn die Lese- und Rechtschreibfähigkeit in der eigenen Sprache ausreichend entwickelt ist, ist das Kind offen für die ganz anderen lautlichen Strukturen und die neuen Schriftsprachstrukturen einer anderen Sprache.
Daraus folgt, man könnte getrost erst ab Klasse 3 anfangen mit dem musikalisch orientierten Frühenglisch, so wie es alle mittleren, nördlichen und östlichen Bundesländer vorhaben und wäre dann bei Beginn der Klasse 5 soweit, mit dem Lesen und Schreiben in der Fremdsprache zu beginnen.

Reutlinger Wochenblatt:
Sie vergessen ganz die sprachbegabten Kinder.

Dast:
Die vergesse ich nicht, denen könnte man sogar noch mehr zumuten, die hätten ihren Spaß dran, wenn die Grundschule so sprachenlastig würde wie es das alte humanistische Gymnasium war. Im Gefüge der Kernfächer Deutsch, Mathe, Sachkunde verschieben sich aber durch das Hinzutreten einer Fremdsprache unweigerlich die Gewichte. In einer Zeit, in der das Fördern technischer Begabungen gesellschaftlich existenznotwendig ist, sollten mathematisch-naturwissenschaftliche Fähigkeiten es nicht schwerer haben als seither. Gerade unter den Legasthenikern gibt es viele mit hervorragenden naturwissenschaftlichen Begabungen. Das merkt man früh, schon im Sachunterricht der Grundschule. Ich habe in meinem Buch Vorschläge gemacht, wie man die zusätzliche Belastung, die der Fremdsprachenunterricht für viele Schüler darstellt, in ganz anderem Maße als früher möglich, abfangen kann.
Diese Hilfe erfordert allerdings gewisse unterrichtsorganisatorische Änderungen in der Schule, sonst bleibt die Hilfe allein auf außerschulische Initiativen beschränkt.

 

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